Ausschreibung im Bauwesen: Ein praktischer Leitfaden für Bauleiter

Kapitel 2 von Bauprojektmanagement: Ein praktischer 10-Schritte-Leitfaden.

Ausschreibung im Bauwesen: Der Beginn jedes erfolgreichen Projekts

Jedes Bauprojekt beginnt mit einer grundlegenden Frage: Was wird das kosten? Ob Sie ein Angebot für einen Kunden vorbereiten oder Subunternehmer auswählen, die Beschaffung ist der erste und wohl wichtigste Schritt, um finanzielle Genauigkeit und Projekterfolg zu gewährleisten.

Doch genau hier scheitern die meisten Projekte. Schätzungen werden überstürzt erstellt, die Auswahl der Anbieter basiert auf unvollständigen Informationen, und die Beschaffung wird zu einem reaktiven Durcheinander statt zu einem strukturierten Prozess.

Die meisten Bauteams betrachten Ausschreibungen als ein notwendiges Übel—nur ein Punkt, den es abzuhaken gilt, bevor es weitergeht. Aber genau diese Denkweise führt dazu, dass Projekte das Budget überschreiten, Zeitpläne scheitern und Gewinnmargen schrumpfen.

Ausschreibungen sind keine Formalität. Sie sind Risikomanagement.

Und wenn Sie Ihren Prozess nicht optimieren, schaffen Sie Probleme, bevor das Projekt überhaupt beginnt.

Dieser Leitfaden ist als wiederholbares Handbuch konzipiert—etwas, das Sie vor jedem Projekt überprüfen sollten, um sicherzustellen, dass Sie nicht dieselben vermeidbaren Fehler machen.

Warum richtiges Ausschreiben wichtiger ist, als Sie denken

Im Kern hat die Ausschreibung im Bauwesen zwei Ziele:

  1. Kostenschätzung für das Kundenangebot
    • Wenn Sie keine genaue Kostenaufstellung haben, raten Sie nur. Und Raten führt zu Unterbietung und Verlust von Gewinn oder Überbietung und Verlust von Aufträgen.
  2. Die besten Subunternehmer und Lieferanten finden
    • Das günstigste Angebot ist nicht immer das beste. Sie brauchen Subunternehmer, die qualitativ hochwertige Arbeit pünktlich und zu einem fairen Preis liefern. Nicht nur jemanden, der auf dem Papier gut aussieht.

Die meisten Teams konzentrieren sich darauf, ein Angebot so schnell wie möglich abzugeben.
Stattdessen sollten Sie einen Wettbewerbsvorteil aufbauen.

Die besten Bauunternehmen geben nicht nur Angebote ab. Sie bieten clever an.

Schritt 1: Definieren Sie den Umfang, bevor Sie Angebote anfordern

Die meisten Angebotsanfragen scheitern bevor sie überhaupt versendet werden.

Warum? Weil sie auf unklaren, unvollständigen oder veralteten Informationen basieren.

Denken Sie darüber nach:

  • Sie senden eine vage Anfrage zur Angebotsabgabe (RFQ).
  • Jeder Subunternehmer interpretiert sie anders.
  • Sie erhalten völlig inkonsistente Angebote, die nicht vergleichbar sind.

Das Ergebnis? Sie raten entweder, welches Angebot am genauesten ist, oder verbringen Wochen damit, Details zu klären, die von Anfang an in der RFQ hätten stehen sollen.

Bevor Sie Angebote anfordern, fragen Sie sich:

Habe ich Materialien, Arbeitskräfte und Subunternehmerverantwortlichkeiten klar definiert?
Habe ich Marktrisiken (Preisschwankungen, Materialverzögerungen) berücksichtigt?
Gebe ich genügend Details an, damit jeder Bieter den exakt gleichen Umfang kalkuliert?

Wenn Sie keine klaren Antworten haben, sind Sie nicht bereit, RFQs zu versenden.

Schritt 2: Die richtigen Subunternehmer und Lieferanten identifizieren

Nicht alle Bieter sind gleich. Der größte Fehler, den Bauleiter machen?

Zu denken, dass mehr Angebote = bessere Auswahlmöglichkeiten.

Realitätscheck:

  • Mehr Angebote = mehr Zeitverschwendung beim Durchsuchen von Schrott.
  • Mehr Angebote = mehr Lockangebote, die gut aussehen, aber später teuer werden.

Das Ziel ist nicht, die meisten Angebote zu erhalten. Es geht darum, die richtigen Angebote zu bekommen.

Wie man die richtigen Lieferanten & Subunternehmer findet

Vergangene Daten nutzen – Wer hat zuvor gute Arbeit geleistet? Wer hat Probleme verursacht?
Netzwerk erweitern – Lassen Sie sich nicht auf die gleichen drei Anbieter festlegen.
Bieter vorqualifizieren – Wenn sie nicht die Kapazität oder Erfahrung haben, verschwenden Sie keine Zeit.

Profi-Tipp: Wenn Sie Angebotsanfragen an alle senden, machen Sie es falsch.

Schritt 3: Strukturieren Sie Ihre RFQs für schnellere, genauere Angebote

Eine gute RFQ fragt nicht nur nach einem Preis—sie leitet Bieter dazu an, die richtigen Details im richtigen Format bereitzustellen, damit Sie sie schnell vergleichen können.

Was jede RFQ enthalten sollte:

  • Leistungsumfang – Was genau wird angeboten?
  • Zeitplan – Start- und Fertigstellungstermine.
  • Zahlungsbedingungen – Meilensteinbasiert? Monatlich? Vorauszahlungen?
  • Angebotsaufgliederungsformat – Möchten Sie Pauschalpreise oder Einzelkosten?

Je strukturierter Ihre Angebotsanfrage, desto einfacher wird Ihre Arbeit.

Schritt 4: Nachfassen—weil die meisten Anbieter vergessen werden, einzureichen

Hier ist die Realität: Die meisten Anbieter werden ihre Angebote nicht rechtzeitig einreichen.

Subunternehmer sind beschäftigt. Ihre RFQ ist nur eine weitere E-Mail in ihrem Posteingang.

Sie verlieren gute Angebote, wenn Sie nicht nachfassen.

Versenden Sie nicht nur Erinnerungsemails. Greifen Sie zum Telefon.

  • Bestätigen Sie, dass sie die RFQ erhalten haben.
  • Fragen Sie, ob sie Fragen haben.
  • Holen Sie sich eine mündliche Zusage, dass sie ein Angebot einreichen werden.

Dieser eine kleine Schritt erhöht Ihre Rücklaufquote erheblich.

Schritt 5: Angebote richtig vergleichen (und die „Billigste gewinnt“-Falle vermeiden)

Sobald die Angebote eingegangen sind, beginnt die eigentliche Arbeit.

Die meisten Teams greifen standardmäßig zum niedrigsten Angebot.
Schlechte Idee.

Ein gutes Angebotsvergleichsblatt hilft Ihnen:

  • Angebotsformate normalisieren – Jeder Subunternehmer strukturiert die Preise anders. Zerlegen Sie es, damit Sie Äpfel mit Äpfeln vergleichen.
  • Fehlende Kosten erkennen – Einige Anbieter lassen absichtlich Kosten weg, um günstiger zu wirken.
  • Risiken bewerten – Wie ist die Erfolgsbilanz des Subunternehmers? Günstig bedeutet nicht zuverlässig.

Profi-Tipp: Das niedrigste Angebot führt oft zu den höchsten Kosten später. Wenn eine Zahl zu gut aussieht, um wahr zu sein, ist sie es wahrscheinlich auch.

Schritt 6: Verhandeln & die besten Partner sichern

Jetzt, da Sie Ihre Liste starker Kandidaten haben, ist es Zeit zu verhandeln.

  • Materialpreise sichern – Wenn der Markt volatil ist, garantierte Preise erhalten.
  • Strafen klären – Was passiert, wenn ein Subunternehmer den Job verzögert?
  • Änderungsaufträge besprechen – Wie werden Umfangsänderungen gehandhabt?

Sobald Ihre Verträge unterzeichnet sind, vergessen Sie nicht die anderen Bieter.

Absageschreiben an erfolglose Bieter senden

Die meisten Bauleiter ignorieren diesen Schritt—aber das sollten sie nicht.

Warum?

  • Es pflegt gute Beziehungen zu Subunternehmern für zukünftige Projekte.
  • Es zeigt Professionalität und Transparenz.
  • Es hilft Anbietern zu verstehen, warum sie nicht ausgewählt wurden—was zu besseren Angeboten beim nächsten Mal führen kann.

Profi-Tipp: Halten Sie es kurz, höflich und professionell. Sie müssen Ihre Entscheidung nicht rechtfertigen, aber Sie können ein kurzes Feedback geben, wenn es hilfreich ist.

Beispiel:

„Vielen Dank für Ihre Teilnahme an unserem jüngsten Ausschreibungsverfahren. Obwohl wir einen anderen Auftragnehmer für dieses Projekt ausgewählt haben, schätzen wir Ihre Bemühungen und hoffen auf eine Zusammenarbeit bei zukünftigen Gelegenheiten.“

Das Ignorieren von Bietern, nachdem sie Zeit und Mühe in die Einreichung eines Angebots investiert haben, schadet Ihrem Ruf. Eine einfache E-Mail hält die Tür für zukünftige Arbeiten offen.

Wichtige Erkenntnisse: Was Sie vor jedem neuen Projekt überprüfen sollten

  1. Ihre Angebote sind nur so genau wie die Informationen, die Sie bereitstellen.
  2. Ein starker Ausschreibungsprozess spart Geld und Kopfschmerzen auf lange Sicht.
  3. Das niedrigste Angebot ist selten das beste Angebot.
  4. Das Nachfassen bei Anbietern erhöht die Rücklaufquote.
  5. Das richtige Vergleichen von Angeboten ist der Unterschied zwischen Gewinn und Katastrophe.

Dies ist ein wiederholbarer Prozess.
Verfeinern Sie ihn, nutzen Sie ihn und vermeiden Sie kostspielige Fehler vor Ihrem nächsten Projekt.

Über den Autor

Mit über 20 Jahren Erfahrung im Bauprojektmanagement hat der Autor Projekte im Wert von mehreren Millionen Euro in den Bereichen Wohnungsbau, Gewerbe und Infrastruktur geleitet. Seine Erfahrung in Angebotsabgabe, Beschaffung und Auswahl von Auftragnehmern sorgt für praktische, praxisnahe Ratschläge für Bauleiter, die Kosten und Ausführung optimieren möchten.

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